Filmkritik: CLIRIMI (Befreiung) / THE RETURN (Die Rückkehr)

von Lisa Stengel

CLIRIMI (Befreiung)
Kosovo | Albanien 2015 | Regie: Burim Haliti | Kurzfilm

„Clirimi“ spielt während des Kosovokrieges – ein Konflikt, der nicht nur im internationalen, sondern auch im nationalen Gedächtnis in den Hintergrund rückt. Die Protagonisten sind ein ungleiches Paar: ein Lehrer und ein Schüler, die zu einer Nachprüfung das Schulgebäude aufsuchen und dort gezwungenermaßen mehrere Monate des aktiven Gefechts ausharren. Der Konflikt zehrt an den Kräften beider, Hunger und Angst machen sie gereizt und doch zeigen sie auch Humor. Und als das Land befreit wird, die beiden endlich das Gebäude verlassen können – stehen sie albanischen Truppen gegenüber.
Halitis Kurzfilm zeigt Menschlichkeit in einer unmenschlichen Zeit. Er zeugt vom Willen, sich nicht unterkriegen zu lassen, auch wenn die Hoffnung auf Frieden buchstäblich stirbt. Doch das Ende bleibt offen – wie so viele Menschen, die tatsächlich bis heute nach Ende des Konflikts verschwunden sind, wissen wir als Zuschauer nicht, was aus den beiden ungleichen Helden wurde.


THE RETURN (Die Rückkehr)
Kosovo | Mazedonien 2017 | Regie: Kastriot Abdyli | Spielfilm

Diese erste albanisch-mazedonische Koproduktion bringt direkt ein politisch brisantes Thema auf die Leinwand: nach sieben Jahren kehrt Iliri nach Mazedonien zurück – mit einer Frau, seiner Verlobten Sabine, an seiner Seite. Jahre zuvor war er, in Hoffnung auf eine bessere Zukunft, nach Frankreich ausgewandert, ohne die Sprache zu kennen oder ein Handwerk zu beherrschen. Doch bei der Rückkehr in seine ländlich geprägte Heimat treffen buchstäblich Welten aufeinander: Iliris Vater will Sabine einfach nicht als die Zukünftige seines Sohnes akzeptieren. Wie Sabine kann der Zuschauer nur Vermutungen aufstellen: liegt es daran, dass sie Französin ist? Ist es die Sprachbarriere? Sind es vielleicht doch religiöse Gründe? Doch vor der malerischen mazedonischen Landschaft entfaltet sich in Wahrheit ein ganz anderer Konflikt: vor sieben Jahren hatte Iliri einer Frau versprochen, für sie zurück zu kommen. Und so ein Versprechen bricht man nicht leichtsinnig.

„The Return“ spielt um 2000, spricht aber ein bis heute relevantes wie besorgniserregendes Thema an: Landflucht betrifft viele junge Menschen, vor allem Männer, die sich im Westen eine bessere Zukunft erhoffen. Und viele Frauen werden zurückgelassen – im besten Fall mit einem Versprechen, im schlimmsten mit mehreren Kindern, die sie alleine großziehen müssen.

Abdyli schafft einen bildgewaltigen Film, der auf narrativer Ebene nicht weniger überzeugt. Und zum Ende müssen wir uns fragen: ist Iliri wirklich nur der Liebe zum Opfer gefallen oder hatte er andere Motive?


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